Geschichte des Instituts
Die Geschichte des Instituts für Geschichte der Medizin ist untrennbar mit der Geschichte der Robert Bosch Stiftung (RBSG) und deren Stifter verbunden. Robert Bosch setzte bereits zu seinen Lebzeiten (1861–1942) Akzente mit seinem Verständnis von Unternehmertum, philanthropischem Handeln und politischem Engagement. Neben der Wirtschaftstätigkeit seines Unternehmens verfolgte Robert Bosch ebenso mit seinen Stiftungen und Zuwendungen die Absicht, an der Verbesserung der Lebensverhältnisse seiner Zeit mitzuwirken und Gesellschaft und Staat mitzugestalten. So gründete Robert Bosch die Gesellschaft Vermögensverwaltung Bosch GmbH (VVB) im Zuge der Abfassung seines Testaments im Jahr 1921, welche folgenden Auftrag erhielt: „Meine Absicht geht dahin, neben der Linderung von allerhand Not vor allem auf die Hebung der sittlichen, gesundheitlichen und geistigen Kräfte des Volkes hinzuwirken.“. Als Beispiele hierfür nannte Robert Bosch „Gesundheit, Erziehung, Bildung, Förderung Begabter, Völkerversöhnung und dergleichen…“. Schließlich änderte die Vermögensverwaltung Bosch 1969 ihren Namen in Robert Bosch Stiftung GmbH (https://www.bosch-stiftung.de/de/robert-bosch-0).
In seinem Testament benannte Robert Bosch die Gesundheit als Hauptförderungszweck und verwies auf die Relevanz des von ihm unterstützten Krankenhauses. Bosch selbst war seit seiner Kindheit mit der Homöopathie vertraut und hatte mit der Behandlungsmethode positive Erfahrungen gemacht. Insofern gab er ihr den Vorrang vor schulmedizinischen Therapien, wobei er die Wirksamkeit von minimalen Dosen durch Ergebnisse in der Hormon- und Vitaminforschung belegt sah. Wie viele seiner Zeitgenossen vertrat er die Meinung, dass die Schulmedizin in einer Krise stecke und eine allzu materialistische und mechanistische Anschauung vertrete. Im Jahr 1915 war Robert Bosch an der Gründung der Stiftungsinitiative des Stuttgarter Homöopathischen Krankenhauses GmbH beteiligt. 1931 wurde ein Grundstück am Pragsattel erworben – die freie Lage schien für den Bau eines Krankenhauses günstig, ebenso wie die Wirkung von Luft und Licht auf die Patient:innen. Allerdings wurde erst im April 1940 das Robert Bosch Krankenhaus (RBK) in Stuttgart eröffnet. In seiner Rede zur Eröffnung sagte er: „Jeder soll mitwirken zum Wohle des Ganzen, keinem zu lieb und keinem zu leid, die Menschen sollen geheilt werden.“ (https://www.rbk.de/ueber-uns). Noch heute ist das RBK eines der wenigen privaten Stiftungskrankenhäuser Deutschlands.
Am Robert Bosch Krankenhaus selbst bestand bereits in den 1960er und 1970er Jahren eine Medizingeschichtliche Forschungsstelle. 1980 schließlich wurde das IGM gegründet und zog nach Stuttgart Ost um. Das IGM befindet sich auf demselben Gelände wie auch das Robert Bosch Haus. Dieses Haus wurde in den Jahren 1910/1911 im Stadtteil Gänsheide erbaut und diente der Familie Bosch als Wohnsitz. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten es zunächst die US-Amerikaner als Gästehaus und später Frankreich als Konsulat. Da die Familie Robert Boschs nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr in das Haus einziehen konnte, wurde auf dem Gelände des Robert Bosch Hauses ein weiteres Haus errichtet, in welchem sich heute das IGM befindet. Die Medizinhistorikerin Prof. Dr. phil. Dr. med. habil. Renate Wittern-Sterzel wurde als erste Leiterin des Instituts berufen, welche sich unter anderem der Geschichte der Homöopathie widmete. Ihre Nachfolge trat in den Jahren von 1986 bis 1988 der Medizinhistoriker Prof. Dr. phil. Werner Friedrich Kümmel an. Ab 1990 bis 2020 leitete der Historiker Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Robert Jütte das Institut. In dieser Zeit lagen die Forschungsschwerpunkte auf der Sozialgeschichte der Medizin, der Geschichte der Homöopathie sowie dem Pluralismus in der Medizin. Der Fokus auf Patientengeschichte verband diese beiden Schwerpunkte und setzte deutschlandweit Akzente in der Medizingeschichte. Gleiches gilt für die vom IGM und der Robert Bosch Stiftung etablierte Geschichte der Pflege.
Das IGM förderte Projekte in den Bereichen „Sozialgeschichte der Medizin“ und „Medizinischer Pluralismus“, welche teilweise über Drittmittel finanziert wurden. Im Themenbereich Sozialgeschichte der Medizin wurden bereits über 40 Projekte gefördert, deren Ergebnisse nach deren jeweiligem Abschluss unter anderem in der Beiheft-Reihe von Medizin, Gesellschaft und Geschichte erschienen. Diese behandeln die verschiedensten Themen, wie beispielsweise „Ein freiwilliger Lebensabend im Land der Täter. Die stationäre Versorgung älterer Juden sowie rassisch Verfolgter nichtjüdischen Glaubens im westlichen Nachkriegsdeutschland (1945 bis ca. 1975)“ oder „Erarbeitung der Heimgeschichte der Gustav Werner Stiftung vor 1945“. Der medizinische Pluralismus lag bereits Robert Bosch am Herzen. Dieser hatte bei dem Erwerb des Hahnemann-Nachlasses und bei der Beteiligung am Aufbau einer Paracelcus-Bibliothek die Absicht, die Homöopathie und andere Verfahren, die heute der Komplementärmedizin zugerechnet werden, in den Dialog mit der Schulmedizin zu bringen. Dieser Grundgedanke eines Pluralismus in der Medizin kennzeichnet auch die historische Forschung des IGM, die sich nicht allein auf die Homöopathiegeschichte beschränkt. Insgesamt wurden mittlerweile 16 Projekte gefördert, ein Beispiel hierfür wäre das „Pilotprojekt zur Digitalisierung von Hahnemann-Handschriften“. Eine Übersicht sowie Informationen zu den einzelnen Projekten und deren Bearbeitern und Bearbeiterinnen finden Sie jeweils unter den Unterpunkten Veranstaltungen / Projekte des Forschungsschwerpunktes.
Seit 2020 fungiert das IGM unter der Leitung von Dr. phil. Marion Baschin als Gesamtarchiv der Robert Bosch Stiftung und ihrer Einrichtungen. Seit 2022 gehört das IGM zum Bosch Health Campus (BHC), welcher von der Robert Bosch Stiftung gegründet wurde. Der BHC verbindet alle Einrichtungen und Aktivitäten der Robert Bosch Stiftung im Bereich Gesundheit. Die derzeitigen Forschungschwerpunkte sind Geschichte der Gesundheitsberufe, Medizinischer Pluralismus und Digitale Medizingeschichte.